Praktikum

Hier werde ich von meinem Praktikum berichten, das ich in den Pfingstferien 2011 auf einem fränkischen Weingut absolviert habe. Leider habe ich nicht die Zeit gefunden, Bilder von den Ereignissen dieser Woche zu machen, wodurch ich gezwungen bin, statt ein paar Bildern, eben viele Worte zu schreiben. Das werde ich etappenweise machen!



Praktikum Tag 1 & 2 


Es war Pfingstmontag. Der Thorsten war auf dem Weg nach Thüngersheim, Franken, ein paar Kilometer hinter Würzburg, zum Weingut Gebr. Geiger jun., um dort eine Woche lang ein Praktikum zu absolvieren.


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Das Weingut


Das Weingut Gebr. Geiger jun. besitzt knappe 22 Hektar Weinberge um Thüngersheim herum. Lagennamen wie Retzbacher Benediktusberg, Thüngersheimer Scharlachberg oder Veitshöchheimer Sonnenschein könnten bekannt sein. Das Gut bietet ein breites Spektrum an Weiß- und Rotweinen, als auch Rosé und Sekt. Auch Fränkische Spirituosen gibt es. Mehr dazu unter http://www.gebr-geiger-jun.de/.

Der erste "richtige" Tag


Da an Pfiingstmontag auch für Winzer mal ein freier Tag ist, oder sein kann, stand an diesem Tag nur das Einchecken im Hotel und eine Erkundungstour durch das kleine Städtchen an.
Doch am Dienstagmorgen ging es dann um 7.15 Uhr, nach einem kleinen Frühstück, los. Erst einmal gab es eine herzliche Begrüßung auf dem Weingut. Eine kleine Betriebsführung stand an. Diese hörte passenderweise im "Geräteschuppen" auf. Dort wurde mir noch schnell eine Gartenschere in die Hand gedrückt und dann ging es endlich in den Weinberg.




Der Weinberg


Ab ging es in den Sprinter, der Winzer am Steuer und dann auf zum ersten Einsatz. Ziel war die Lage „Thüngersheimer Scharlachberg“. Dort angekommen informierte mich der Winzer erst einmal über die allgemeinen Belange. Rebsorte (Bacchus), Erziehung (Drahtrahmenerziehung, dazu später mehr) und, was ich jetzt zu tun hätte. Durch den Spätfrost zwischen April und Mai in Franken waren viele junge Triebe erforen. An deren Stelle bildeten sich Geize (neue Triebe), die den weiterentwickelten Trieben aber das Wasser und die Nährstoffe wegnahmen. Diese mussten nun entfernt werden. Außerdem musste „Luft zwischen die Trauben“ und die Pflanze wieder in das System der Drahtrahmenerziehung eingebracht werden.

Drahtrahmenerziehung
 Mit Hilfe von Drähten wird den Reben die Richtung vorgegeben. 
Außerdem schafft man Übersicht und Platz zum Befahren mit Maschinen.

Dabei fiel vom Winzer immer wieder der Satz (den ich mir gut gemerkt habe): „Schaffen demmer immer mit zwa Händ!“.Mein erster Arbeitstag ging bis etwa 16.30 Uhr. Eigentlich kurz, wenn man sich denkt, wie lange andere arbeiten. Aber in so einer Hanglage (oder waren es schon mehr als 30°?) ist so etwas gleich viel anstrengender. Noch dazu erlebte ich gleich, wie schön (oder unschön) ein Regenguss in einem Weinberg sein kann. Schlammiger Boden, nasse Klamotten, kalte Hände, und Reben, die einem permanent aus der Hand rutschen! „Aber schee wors!“

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Praktikum Tag 3 


Am Mittwochmorgen hieß es dann wieder um 5.30 Uhr aufzustehen. Zähneputzen, Frischmachen, Umziehen, Fernseh glotzen. Um 6.30 Uhr gab es dann Frühstück. Schön deftig mit Wurst und Käse. Schnell noch Brotzeit geschmiert und dann musste ich auch schon los. Ganze 300 Meter waren es bis zum Weingut. Dort angekommen ging es gleich auf in den Weinberg. Mittlerweile wusste ich ja, was ich zu tun hatte. Die Reben in das Drahtsystem einordnen. Das bringt Ordnung und „Wind zwischen den Blättern, damit sie nicht von Fäule befallen werden können. Dann trocknet alles nach dem Regen wieder sehr schnell!“. Schon verdörrte, oder abgefaulte Pflanzenteile wurden auch entfernt.

Fortschritt


Da ich die Arbeit mittlerweile einigermaßen beherrschte, hatte der Winzer, als er seinen Kontrollgang durch die Zeilen machte, außer ein paar Kleinigkeiten, nichts mehr auszusetzen. Nur ein wenig langsam arbeitete ich noch. Aber mit der Zeit würde sich das noch ändern. So arbeiteten wir bei wunderbar sonnigem Wetter (ich hätte Sonnencreme mitnehmen sollen!) weiter. Aber ich nur bis etwa 14.30 Uhr. Da kam dann der Chef, und holte mich zur Weinprobe ab. Von den anderen ernte ich teils böse, teils belustigte Blicke. Die Weinprobe sollte mit der Chefin, Hedda Geiger, stattfinden. Doch vorher wurde ich noch ins Hotel gebracht. Schnell duschen, andere Klamotten, eine Kleinigkeit essen. Dann kam der angenehme Teil…

Die Probe


Um etwa 16 Uhr startete die Weinprobe mit Frau Geiger und einem Bekannten aus Heilsbronn, der extra angereist war. Verkostet wurden erst die Weißweine des Hauses. Von trocken über halbtrocken zu Spät- und Auslese. Sehr interessantes, breites Angebot. Nach einer kurzen Pause ging es mit den Roten weiter. Domina, Regent, Spätburgunder und Dornfelder, alles sehr trinkige, aber auch tiefgründige Weine.


Dann, und darauf hatte ich mich schon den ganzen Tag lang gefreut, kamen die Edelsüßen. Einfach klasse, ein tolles Erlebnis. Optima Beerenauslese von 2001, Silvaner Auslese 1993 (der war nicht mehr ganz so süß…J), Riesling Eiswein 1998 und 2002 und zu guter Letzt ein Silvaner Eiswein 2009. Das war einfach unbeschreiblich. So etwas muss man selbst erlebt haben!

An diesem Abend hatten wir auch Sekt probiert. Ob das am Anfang, dazwischen, oder am Ende der Probe war, kann ich nicht mehr sagen…

Fix und Fertig


Gegen 22.30 Uhr war ich dann total kaputt in meinem Hotelzimmer. Ein langer, langer, langer Tag! Aber wie ich schon einmal sagte: „Schee wors!“

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Praktikum Tag 4 

Am Donnerstag erlebte hatte ich dann einen wunderschönen Traum. Ich alleine vor einem vollen Weinregal mit allen Spezialitäten der Geigers. Es war kühl und ruhig. Ich stand in einem Weinkeller. Meinem Weinkeller. Zu schön um war zu sein. Das war es dann wirklich, als mein Wecker klingelte. 5.30 Uhr. Erstmal den Fernseher an, und Nachrichten gucken. Schließlich will man ja um 5.30 Uhr schon informiert sein, was in der Welt so passiert! Frisch machen, anziehen, frühstücken, ... blablabla...

"Orbeidn"


Tja. Und dann kam da wieder die Arbeit. Wer das schon einmal drei Tage am Stück gemacht hat, dem widerfahren zwei Dinge:

a) Er weiß Wein (und auch seinen Preis) zu schätzen
b) Er fragt sich, ob die Leute, die das das "ganze Jahr" über machen müssen, nicht ein wenig komisch im Kopf   
    werden.

Naja. Der Arbeitsinhalt hatte sich nicht geändert. Immer noch wie dienstags und mittwochs Entgeizen, in die Drähte einbringen, kontrollieren, fertig. Aber der Arbeitstag wurde wie immer von den netten Kollegen aufgehellt! Kommentare, wissenswerte Einwürfe, interessante Geschichten. Einfach super!

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Praktikum Tag 5

Am Freitag dann in gemischtes Gefühl beim Aufstehen. Was, schon dein letzter Tag? Ich hatte wahrscheinlich in den letzten Tagen so viel gearbeitet wie in meinem ganzen Leben noch nicht, es war monstermäßig anstrengend, aber trotzdem war es einfach nur geil! Und dann kam einem die Woche doch ziemlich kurz vor. Das sollte sich aber noch ändern...
Erst einmal wie gehabt: Aufstehen, waschen, umziehen, ... Es war immer noch alles wie die Tage zuvor. Doch im Weingut kam die Überraschung!

"Abfüllen"


"So Thorsten, heut denner ma abfüll'n" sagte Herr Geiger als ich auf den Hof kam. "Aber hoffentlich nicht wieder mich, oder?" fragte ich. Mit einem schelmischen Grinsen antwortete er: "Meine Frau hat mir scho vo Mittwoch erzählt. Sie ham sich ja wacker geschlag'n! Aber nein, heute wird 'n Teil von 2010 in kleine Präsentflaschen und dann noch Literflaschen für die Gastronomie abgefüllt. Da möcht'n mer se dabei hab'n!". Naja, dachte ich mir, wenn's nur das ist!

0,25 Liter Flascheninhalt, genau die richtige 
Größe für einen alleine!


Also rein in die "Halle" mit der Abfüllanlage und ran an den Speck. Erstmal mussten die Schläuche, die den Wein vom Fass in die Anlage beförderten angschlossen werden. Dann wurde erst noch ein weiteres Mal probiert. Ich kann mich nicht mehr richtig errinnern, aber ich glaube es war ein Portugieser Weißherbst. Nur dass er lecker war, das wusste ich. Und ein bisschen trüb sah er noch aus, ein paar Schwebeteilchen konnte man auch erkennen. Vor der Abfüllanlage war aus genau diesem Grund noch ein Schichtfilter angeschlossen. 
Und dann bekam ich meine Aufgabe. Da die Abfüllanlage nicht für solch kleine Flaschen bestimmt war, variierte die Füllhöhe von Flasche zu Flasche. Der Chef zeigte mir das Optimum und ich war also dafür zuständig Flaschen mit zu wenig Inhalt aufzufüllen und welche mit zu übertrieben viel Füllhöhe ein bisschen zu entleeren. Nach etwa geschätzten 3 Millionen Flaschen plötzlich Arbeitsstopp. "So, etz komm'n die Literflaschen für die Gastronomie dran!", sagte der Winzer. Also musste die Anlage umgebaut werden. Außerdem waren schon nahezu alle Schraubverschlüsse verschraubt. Also musste ich los und auffüllen. Ich mich auf die Suche gemacht, Im Weinkeller, im Lager... Nirgends Verschlüsse. Also bin ich zur Frau Geiger und hab sie gefragt. Sie könne mir auch nicht helfen. Ich total genervt in die Abfüllhalle gestürmt, lacht mich der Herr Geiger an und meint nur: "Guck mal, das steht doch der Karton mit den Verschlüssen!". Super, der stand genau neben der Leiter, die man besteigen muss, um die Schnecke, in denen die Verschlüsse darauf warten aufgeschraubt zu werden, zu erreichen. Und ich mach mich hier zum Deppen! Nachdem ich das Auffüllen erledigt hatte, wurde mir gesagt, ich solle nun ans Ende des Förderbandes gehen und dann dort die Flaschen entgegennehmen, sehen, ob das Etikett richtig sitzt und dann in Kisten einordnen. Manche werden wissen, dass die Flaschen für die Gastronomie in Holzkisten transportiert werden. In diese Holzkisten passen jeweils 12 Flaschen liegend. Etwa 45 Kisten passten auf eine Palette, 5 Paletten wurden an dem Tag abgefüllt, das sind 225 Kisten, 2700 Flaschen und somit genau so viele Liter! Ganz schön viel, dachte ich mir! Alles durch deine Hände oder die des Kollegen gegangen, der mir geholfen hat. Ich also laut hörend ausgeprustet als ich fertig war. Da meint der Kellermeister so: "Des is ja noch gar nix! Wir wären in der Lage etwa 660.000 Liter zu fassen, da ist das noch 'n Klacks!". Allerdings, das sind 244 Mal so viel wie die Menge, die ich geschleppt hab!

Abschiedsstimmung


Aber wie gesagt, wir waren fertig mit der Arbeit. Jetzt half ich noch dem Kellermeister bei diversen Arbeiten, wie sauber machen, kehren, Schläuche säubern, usw.
Danach ging es ab auf's Zimmer, erst einmal geduscht, dann die Mutti angerufen, dass ich fertig wär und sie mich abholen könnte. Ich also alles gepackt, dauerte ja 'ne Stunde, bis sie da wär. Dann hab' ich alles in 'ne Ecke gestellt und mich noch einmal auf den Weg zu Geiger's gemacht. Gerade als ich kam, waren der Winzer und die anderen "Freunde" der vergangenen Tage aus dem Weinberg zurück. Sahen richtig fertig aus. Aber die Zeit drang ja und so verabschiedete ich mich von jedem und folgte dann der Chefin. Diese überreichte mir dann (fast feierlich) ein Praktikumszeugnis, das sehr positiv ausfiel. Außerdem bedankte Sie sich noch, dass ich da war und lobte mich. Auch ich hatte natürlich meinen Dank auszusprechen und äußerte den Wunsch aus, solch ein Praktikum so schnell wie möglich zu wiederholen. Aber obwohl ich schon jetzt dachte, es könne nicht mehr besser werden (die ganzen gesammelten Eindrücke und Erfahrungen, die mich meinem Traum ein Stück näher gebracht haben, die Verkostung, die mich nichts gekostet hatte, ...), täuschte ich mich gewaltig! Denn nachdem Frau Geiger kurz im Haus mit dem Laden, dem gewaltigen Weinklimaschrank und den Büros verschwunden war, kam sie mit einem 6-er Karton Bocksbeutel zurück. "Ich glaube mich zu errinnern, dass sie mal gemeint hatten, sie tränken lieber Weißwein, deswegen habe ich ihnen 5 Flaschen verschiedene Weiße und eine Flasche Roten aus unserem Sortiment eingepackt. Aber nicht gleich auf der Heimfahrt vernichten!", meinte sie. Ich strahlte über beide Ohren und bedankte mich recht herzlich. Doch auch das war noch nicht alles. Auch wenn der Chef immer alle Hände voll zu tun hatte, wollte ich mich doch persönlich bei ihm verabschieden. Ich wollte gerade "Tschüß und danke für alles sagen", da kam er mir zuvor: "Ah, Herr Jordan, da sin se ja, ich hab' da noch was für sie!", sagte er. Und schwupp, war auch er verschwunden. Ich dachte so bei mir: "Was kommt jetzt? Eine Patenschaft für eine Rebe, eine Patenschaft für eine ganze Rebzeile, ein Lehrvertrag, ... :-) "
Ich musste nicht lang warten. "Bitte sehr Herr Jordan, für ihre Mühen!", dabei drückte mir Herr Geiger einen Karton Weingläser in die Hand. Ich bedankte mich recht herzlich für das Geschenk und dachte so bei mir, dass das Wochenende wohl gesichert wäre. Genug Wein und außerdem auch genug Gläser, dass auch ruhig mal eins hätte zu Bruch gehen können...
Als ich zurück zur Gaststätte lief blickte ich mich mehrmals um. War schon 'ne verdammt geile und interessante Zeit. Auch, wenn der Beruf des Winzers anstrengend und schwierig war, so wurde mir nun bewusst, dass ich mir diesen Beruf sehr gut als meine Passion vorstellen konnte. Als ich bei der Gaststätte ankam, wartete meine Mutter schon ungeduldig auf dem Parkplatz. Ich freute mich, sie wiederzusehen und auch sie freute mein Anblick sichtlich. Anerkennend bewunderte sie meine Mitbringsel. Ich holte noch schnell die Tasche aus dem Zimmer, gab den Schlüssel ab und dann ging es ab nach Hause, wo es leider weit und breit keinen Weinberg gibt...

ENDE

5 Kommentare:

  1. sehr schöner Erfahrungsbericht, es war mir eine wahrhaftige Freude ihr zu lesen. Es ist immer schön, zu lesen dass der oftmals harte Beruf des Winzers Zukunft hat, durch so junge und engangierte Personen wie sie! Ich werde mit großer Aufmerksamkeit ihren Block verfolgen und freue mich schon jetzt in ein paar Jahren ihren eigenen Wein zu verköstigen. Grüße aus dem schönen Nürnberg

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  2. Das größte Kompliment, dass man erhalten kann :D
    Danke sehr!

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  3. ich habe selber ein praktikum gemacht als winzer ... mir ging es ähnlich wie dir , dein blog ist super :)

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  4. Ich habe etwas ähnliches für die Sommerferien angedacht, danke für den schönen Einblick:)

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  5. Hallo,
    ich würde sehr gerne auch eine Woche Praktikum als Winzer machen. Hättet Ihr vielleicht einen Kontakt welche Winzer offen dafür wären oder generell Tips für mich.
    Freu mich über jede Hinweise :)

    Dank Euch,
    Nina

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